Panorama von Berlin

Im gestrigen Beitrag ging es darum, wie nach der Wende die Prestige-Architektur der DDR unsichtbar gemacht wurde und wie die Stadt zudem nach historisierendem Vorbild gestaltet werden sollte. Die Grundlage dieser Umgestaltung sind u.a. die Gemälde von Eduard Gaertner. Er zeigt ein Berlin der 1830er bis 1850er Jahre, in dem die Industrialisierung noch keine prägenden Spuren hinterlassen hat. Ungeachtet ihrer Visualisierung von Vorindustrialität ist Gaertners Arbeit ziemlich modern. In seinem Panorama vom Dach der Friedrichswerderschen Kirche sieht man Schinkels Bauakademie prominent im Bild. Zum Zeitpunkt der Entstehung des Gemäldes war sie allerdings noch gar nicht fertig gebaut. Gaertner fügte sie mithilfe von Schinkels Plänen vorab in sein Bild ein.

Diese Arbeit fasziniert mich. Gaertners Montagetechnik zur präzisen Anpassung seines Bildes an die Zukunft liefert ein Ergebnis, dass immerhin für gut 100 Jahre eine akkurate Beschreibung des Blicks von der Friedrichswerderschen Kirche darstellt.

Meine Aufnahme vom selben Ort entstand in einem Moment, als das Außenministerium der DDR, das an Stelle der Bauakademie gestanden hatte, längst abgerissen war. Ebenso existierte der Palast der Republik nicht mehr. Eine Attrappe der Bauakademie war aus Gerüststangen und Planen errichtet worden. An der Stelle, wo das Humboldt Forum als verkleidete Betonattrappe des Schlosses eröffnen soll, finden gerade Ausgrabungen statt. Der Platz ist also leer und wäre noch immer bereit für einen interessanten Entwurf.

Museumsneubau Humboldt Forum

Den überzeugendsten Entwurf im Wettbewerb um den Bau des Humboldt Forums hatte für mich das Büro Kuehn Malvezzi Architects eingereicht. Dieser Entwurf sah vor, sich nicht an der historischen Fassade, sondern an der historischen Bautechnik zu orientieren. Von der historischen Fassade sollten zunächst nur die erhaltenen Teile verwendet werden. Später hätte die Fassade langsam nach historischem Vorbild ergänzt werden können. Vor allem aber warb der Entwurf für einen modernen Museumsneubau und in keinem Detail für das Trugbild eines historischen Gebäudes.

Nun wird in wenigen Monaten ein Neubau fertig gestellt, der versucht, wie die Residenz des Deutschen Kaisers auszusehen. Bekanntermaßen werden sich im Humboldt Forum die Ethnologischen Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin befinden. In gewisser Weise kehren Teile der Sammlung so an den Ort zurück, an dem sie lange, als Teil der Kunstkammer des Berliner Schlosses, aufbewahrt worden waren. Ich bin ziemlich gespannt, ob es gerade an diesem Ort gelingen wird, die koloniale Geschichte dieser Sammlung kritisch zu reflektieren und aufzuarbeiten. Das Gebäude bietet dafür nicht die besten Voraussetzungen.